Das Thema gendersensible Anreden hat in der Geschäftskommunikation im deutschsprachigen Europa in den letzten zehn Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Die öffentliche Diskussion über geschlechtergerechte Sprache begann in den frühen 2010er Jahren, vor allem in akademischen und feministischen Kontexten. Von 2014 bis 2016 veröffentlichten Verwaltung und Unternehmen erste Leitfäden, um die ausschließliche Verwendung männlicher Formen (wie „Sehr geehrter Herr Kunde“) zu hinterfragen und inklusivere Alternativen anzubieten.
Bis 2020 erprobten viele Organisationen neue Sprachformen wie den Genderstern (*), den Doppelpunkt (:) oder den Unterstrich (_) in der Schriftsprache, z. B. „Sehr geehrt*e Kunde*in“ oder „Liebe Kolleg:innen“. Die Diskussion über gendersensible Sprache in der Politik und in den Massenmedien ab 2020 erhöhte das Bewusstsein für das Thema und führte zu einer stärkeren Sensibilisierung in der breiten Öffentlichkeit. Heute wird in Deutschland in der Geschäftskorrespondenz für Personen, die man nicht persönlich kennt, eine geschlechtsneutrale Formulierung ohne Frau/Herr empfohlen, wie z. B. „Guten Tag Vorname Nachname“. Das gilt als zeitgemäß, da so niemand ausgegrenzt wird.
Unterschiede im deutschsprachigen Europa
Die Akzeptanz gendersensibler Sprache variiert: In Deutschland wird der Einsatz von Gendersternchen und anderen Zeichen in offiziellen Dokumenten und großen Unternehmen zunehmend Standard. In Österreich findet eine ähnliche, aber zurückhaltendere Entwicklung statt. Die Schweiz bleibt konservativer und nutzt überwiegend das generische Maskulinum, was auf die Mehrsprachigkeit und gesellschaftliche Haltung zurückzuführen sein könnte.
Herausforderungen in der Praxis
Die Einführung gendersensibler Anreden in der Geschäftskorrespondenz stellt Unternehmen vor mehrere Herausforderungen. Eine einheitliche, leicht verständliche Praxis ist schwer umzusetzen. Firmen und Institutionen sind unsicher, welche Form der Anrede am besten geeignet ist und welche sprachlichen Neuerungen bei ihren Kundinnen und Geschäftspartnern auf Akzeptanz stoßen. Auch die technische Anpassung von Textverarbeitungs- und CRM-Systemen an gendersensible Formen ist mühsam. Kritik gibt es zudem daran, dass Genderzeichen wie das Sternchen die Verständlichkeit beeinträchtigen und den Lesefluss stören, insbesondere in der internationalen Kommunikation.
Regelungen in Behörden und Schulen
Einige deutsche Bundesländer, wie Bayern und Sachsen, verbieten gendersensible Sprache in amtlichen Schreiben, da diese den Lesefluss und die Verständlichkeit behindern könnte. Kritiker betrachten das Verbot als Rückschritt für Gleichberechtigung und Vielfalt. In Schulen gibt es keine einheitliche Regelung: Während manche Bundesländer gendersensible Sprache im Unterricht fördern, schränken andere deren Verwendung ein. Vor allem in urbanen Regionen setzen sich Schulen zunehmend für inklusive Sprachpraxis ein.
Generationenunterschiede
Die Akzeptanz gendersensibler Sprache unterscheidet sich auch nach Generationen: Während jüngere Menschen sie als Ausdruck von Respekt und Gleichberechtigung sehen, sind ältere Generationen oft skeptisch und betrachten sie als unnötige Sprachverkomplizierung.
Fazit
Die Die Entwicklung der gendersensiblen Anrede in der Geschäftskorrespondenz von 2014 bis 2024 zeigt eine wachsende Sensibilisierung für Geschlechtergerechtigkeit. Unterschiedliche Regelungen und Sichtweisen prägen die Diskussion, die eine gesellschaftliche Auseinandersetzung über Inklusion und Diversität in der Kommunikation widerspiegelt. Diese Debatte wird auch in den kommenden Jahren weitergeführt werden, da sie eng mit den sich wandelnden gesellschaftlichen Normen und Werten verknüpft ist.
Redaktion: Catherine Tenger, CLT Training; Mag. Maria Th. Radinger, Imme Vogelsang, iv-imagetraining