Hamburg, 24. Juni 2024. Empathie gilt als eine Schlüsselkompetenz. Sich in die Lage eines anderen versetzen zu können, stärkt Beziehungen, Verständnis und Toleranz. Während dies im privaten Umfeld oft leichter fällt, scheint das in einer geschäftlichen Umgebung schwieriger zu sein. Eine Führungskraft sagte neulich: „Wenn ich jedes Mal mitheulen würde, wenn es einem Teammitglied schlecht geht, käme ich zu gar nichts mehr. Ich habe schon so genug zu tun.“ Dabei verbessert der Einsatz emotionaler Intelligenz nicht nur die Führungsqualität eines Vorgesetzten – Empathie fördert auch die Arbeit im Team und steigert nachweislich den Geschäftserfolg.
Der Unterschied zwischen emotionaler und kognitiver Empathie
Empathisch zu sein bedeutet nicht, gleich mit der anderen Person zu weinen! Empathie ist die Fähigkeit, die Gefühle und Gedanken anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und darauf wertschätzend in Resonanz zu gehen. Dabei wird zwischen emotionaler und kognitiver Empathie unterschieden. Emotionale Empathie bedeutet, Emotionen anderer Menschen mitzuempfinden. Wenn jemand traurig ist, fühlen wir uns in dem Moment auch traurig. Diese Form der Empathie kommt oft automatisch.
Kognitive Empathie hingegen bezieht sich auf die Fähigkeit, die Perspektive einer anderen Person einzunehmen, ihre Gedanken und Gefühle zu verstehen, ohne sie selbst zu fühlen. Hierbei geht es darum, sich in die Lage des anderen hineinzuversetzen und seine Sichtweise nachzuvollziehen.
Warum ist kognitive Empathie wichtig?
Im Geschäftsalltag ist die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme oft hilfreicher als die emotionale Empathie. Man kann zum Beispiel die Euphorie eines Kollegen über einen aktuellen Erfolg nachvollziehen und sich mitfreuen, aber mit klarem Kopf über die nächsten Schritte nachdenken. Ein Teammitglied in Not hat mehr davon, wenn ihm geholfen wird, als dass man gemeinsam über die stressbewirkende Situation oder Person klagt und dann zusammen doppelten Stress hat. Eine Führungskraft, die die Perspektive ihrer Mitarbeitenden versteht, kann besser auf deren Bedürfnisse eingehen und die Arbeitszufriedenheit erhöhen. Eine Verkäuferin, die sich in die Lage ihres Kunden versetzt, kann gezielter auf dessen Wünsche und Bedenken eingehen und macht dadurch mehr Umsatz.
Herausforderungen bei der Perspektivenübernahme
Trotz der offensichtlichen Vorteile gibt es verschiedene Faktoren, die es schwierig machen können, die Perspektive anderer einzunehmen:
- Egozentrismus: Menschen neigen dazu, ihre eigenen Sichtweisen und Erfahrungen als zentral zu betrachten, was die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme beeinträchtigen kann.
- Unbewusste Vorurteile: Vorurteile und Stereotype können unsere Wahrnehmung anderer verzerren und es erschweren, deren Perspektive objektiv zu verstehen.
- Emotionale Distanz: In stressigen oder konfliktreichen Situationen kann es besonders schwerfallen, empathisch zu reagieren, wenn eigene negative Emotionen dominieren.
- Mangelnde Informationen: Wenn wir nicht genug über die Situation oder die Hintergründe einer Person wissen, können wir ihre Perspektive schwer nachvollziehen.
Die Empathiefähigkeit schärfen
Glücklicherweise gibt es Möglichkeiten, Empathie und die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme zu stärken. Studien haben gezeigt, dass zum Beispiel das Lesen von Büchern, insbesondere von Romanen, die Fähigkeit zur Empathie fördern kann. Geschichten ermöglichen es uns, in die Welt anderer Menschen einzutauchen und ihre Perspektiven nachzuvollziehen.
Aktives Zuhören ist eine der effektivsten Methoden, empathisch zu handeln. Dabei geht es nicht nur darum, die Worte des Gegenübers zu hören, sondern auch deren Gefühle und Gedanken durch offenes Fragen und Paraphrasieren zu verstehen und die eigenen Interpretationen zu überprüfen.
Man kann der Sache aber auch etwas analytischer auf den Grund gehen: Mit einer Empathy Map muss man sich nicht allein auf sein Gefühl verlassen, sondern kann im Team oder auch allein die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme verbessern. Mit diesem Tool können Sie ermitteln, wie Ihre Zielgruppe oder eine Person denkt, fühlt und handelt. Beantworten Sie hierzu folgende Fragen:
- Wer ist die Person oder Zielgruppe, die Sie verstehen möchten? In welcher Situation sind sie? Was ist ihre Rolle in dieser Situation?
- Was sollen sie (anders) tun? Welche Entscheidungen müssen sie treffen? Wie wissen sie, dass sie erfolgreich waren?
- Was sehen sie? Was sehen sie in ihrer direkten Umgebung? Was sehen sie, was andere tun? Was lesen sie?
- Was sagen sie? Was haben wir sie sagen hören? Was können wir uns vorstellen, dass sie anderen erzählen?
- Was machen sie? Welches Verhalten beobachten wir?
- Was hören sie? Was hören sie andere sagen? Was hören sie von KollegInnen? Was hören sie aus zweiter Hand?
- Was denken und fühlen sie? Worüber sind sie frustriert? Was bereitet ihnen Sorgen? Was sind ihre Wünsche, Bedürfnisse und Hoffnungen?
Auch wenn Sie natürlich versuchen können, diese Fragen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz zu lösen, ist hierbei zumindest zurzeit noch die von uns Menschen empfundene emotionale und kognitive Empathie der KI deutlich überlegen.
Eingangs erwähnter Führungskraft sei daher empfohlen, die Künstliche Intelligenz für alle ihr zugedachten Arbeiten einzusetzen und die dadurch gewonnene Zeit in die Emotionale Intelligenz zu investieren. Empathisches Verhalten erzeugt nämlich meist eine positive Rückkopplung: Wer sich bemüht, andere zu verstehen, erhält in der Regel Dankbarkeit und Wertschätzung zurück. Wer sich verstanden und respektiert fühlt, ist meistens bereit und fähig, mehr zu leisten. Win-Win.
Redaktion: Catherine Tenger, CLT Training ; Imme Vogelsang, iv-imagetraining